Berlin, 13.12.2022: In der Serie Arbeitsmarkt in der Pflege veröffentlicht der deutsch-spanische Personaldienstleister TTA die „Machbarkeitsstudie – Vermittlung und Integration kolumbianischer Pflegefachkräfte“ von Jhonny-Felipe Cerezo-Parra
„Pflege umfasst die eigenverantwortliche Versorgung und Betreuung, allein oder in Kooperation mit anderen Berufsangehörigen, von Menschen aller Altersgruppen, von Familien oder Lebensgemeinschaften sowie von Gruppen und sozialen Gemeinschaften, ob krank oder gesund, in allen Lebenssituationen (Settings)“, so wird der Pflegeberuf von der Gesundheitsberichterstattung des Bundes unter Beachtung der Arbeitstätigkeiten beschrieben. In anderen Worten: „der Pflegeberuf beinhaltet die Prävention von Krankheiten sowie die Versorgung von kranken, benachteiligten und sterbenden Personen“ (DBfK Bundesverband e.V., 2019). Zu den wichtigsten Pflegeberufen zählen:
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- Gesundheits- und Krankenpfleger/in
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- Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in
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- AltenpflegerDiese sind grundsätzlich reglementiert. Das bedeutet, dass für sie ein gewisser Ausbildungsnachweis vorhanden sein muss, bevor sie ausgeübt werden können (MWVLW, o.J.). Dagegen sind Erwerbstätigkeiten, die sich eher für helferische – und unterstützende
Tätigkeiten konzentrieren wie Krankenpflegehelfer, Pflegeassistenten oder Altenpflegehelfer, nicht reglementiert (BIBB, o.J.).
Vollzeitfachkräfte der Krankenpflege bekamen 2017 einen durchschnitts Bruttolohn von 3.314 Euro im Monat, was höher als der Mittelwert der Löhne aller qualifizierter Pfleger (2.965 Euro) ist. Das arithmetische Mittel des Bruttoentgelts der Altenfachkräfte in Vollzeit war nämlich mit 2.746 Euro deutlich geringer ausgefallen. Dieselben Verhältnisse spiegeln sich auch bei den Pflegehilfskräften wider. Das mittlere monatliche Bruttogehalt der Krankenpflegehilfskräfte lag bei 2.494 Euro, wobei dieser nur 1.944 Euro bei den Altenpflegehelfer betrug. Das Durchschnitteinkommen aller Pflegehilfskräfte lag bei 2.177 Euro (Bundesagentur für Arbeit, 2019, S. 7). Dazu kommen noch deutliche Unterschiede in den jeweiligen Regionen. So verdienten Fachkräfte im Westen knapp ein Viertel mehr als im Osten, bei Helfern lag der Unterschied bei ca. 20 Prozent (H. Seibert, J. Carstensen, D. Wiethölter).
Abb. 5: Bruttolöhne im Vergleich
Eine positive Entwicklung des Einkommens zeichnete sich im Vergleich zu 2014 ab. Hier stiegen die Gehälter der Fachkräfte der Krankenpflege um durchschnittlich 227 Euro und der Krankenpflegehilfskräfte um 89 Euro. Auch bei der Altenpflege stieg das Gehalt deutlich. Dieser erhöhte sich bei den qualifizierten Pflegern um ganze 254 Euro und bei den Hilfskräften um bemerkenswerte 167 Euro (Bundesagentur für Arbeit, 2019, S. 7). Das ist eindeutig mehr als der Mittelwert über alle Berufe in Deutschland. Dieser lag für Helfer bei +79 Euro und für Fachkräfte bei +177 Euro (Bundesagentur für Arbeit, 2019).
Strukturmerkmale der Beschäftigung
Im Jahr 2017 waren in der Bundesrepublik 1,7 Millionen Pflegekräfte beschäftigt. Davon waren alleine 1,1 Millionen Menschen im Bereich der der Krankenpflege und 0,6 Millionen in der Altenpflege tätig. In den vergangenen Jahren ist diese Anzahl konstant angewachsen und allein im Vergleich zum Jahr 2016 um 51.000 Arbeitskräfte angestiegen, was einen Zuwachs von 3% entspricht (Statistisches Bundesamt, 2019).
57% aller Pflegekräfte sind teilzeit- oder geringfügig beschäftigt. Ganze 44% in der Krankenpflege und sogar mehr als die Hälfte mit 56% der Altenpfleger waren in Teilzeit tätig. Im Vergleich zu allen anderen Berufen in Deutschland beträgt der Durchschnitt des
Teilzeitkräfteanteil nur 28 %. Der allgemeine Zuwachs der Beschäftigung ist auch stark geprägt von der Teilzeitbeschäftigung. So waren es in etwa 60% der neuangestellten Arbeitskräfte in der Altenpflege (Teilzeit: +58.000; Vollzeit: +35.000) und etwa knapp 50% in der Krankenpflege (Teilzeit: +41.000; Vollzeit: +39.000) zwischen 2014 und 2018. Aufgrund der hohen Teilzeitbeschäftigung ist es wichtig die Beschäftigung auch als Vollzeitäquivalent zu betrachten, um eine präzisere Aussage treffen zu können. Laut dem Statistischem Bundesamt kommen die 1,7 Millionen Pflegekräfte einer Vollzeitäquivalenz von 1,3 Millionen gleich.
Die hohe Teilzeitquote liegt unteranderem an der hohen Frauenquote in dieser Branche, weshalb Experten hierbei oft von einer Frauen- und Teilzeitdomäne sprechen. Der Frauenanteil mag zwar in den letzten Jahren leicht zurückgegangen sein, aber es üben immer noch mehr als 80 % Frauen diese Berufe aus. Nichts destotrotz ist der überdurchschnittliche Anteil nicht nur mit der hohen Frauenquote begründet. Denn mit 20 % der männlichen Krankenpfleger und 36% der männlichen Altenpfleger ist auch diese Quote weit über dem Mittelwert aller Berufe, der bei 11% liegt (Bundesagentur für Arbeit, 2019, S. 8). Laut Fachspezialisten liege das nämlich auch an den schlechten Arbeitsbedingungen und zum Teil an der zu geringen Vergütung (Rechtsanwälte Hensche, 2017). In einer Studie des Institutes Arbeit und Technik wurde herausgefunden, dass im Vergleich zu anderen Berufen es strukturelle Ungleichheit und Belastungen gibt, die das Bedürfnis zur Teilzeit beeinflussen. Ziel sei es laut den Forschern Arbeitsbedingungen zu schaffen, die den Wunsch zur Teilzeitarbeit verhindern. Dies sei unter anderem mit flexiblen Arbeitsmodellen sowie breitere und abwechslungsreichere Aufgaben, die die Arbeitsbelastung reduzieren könnte (aerzteblatt.de, 2016).
Um den Fachkräftemangel entgegenzutreten, wurde im anwachsenden Maße auf ausländische Arbeitskräfte gesetzt. Die europäische Freizügigkeit ermöglichte in den letzten 5 Jahren eine Zunahme von 28.000 auf 75.000 Fachkräfte (Bundesagentur für Arbeit, 2019, S. 8). Zudem wurden durch einige Projekte in den vergangenen Jahren verstärkt Altenpfleger aus Drittstaaten rekrutiert. Die Quote der Ausländer in den Pflegeberufen zusammen liegt damit bis 2018 bei 9% immer noch unter dem Ausländeranteil aller Berufe mit 12 % (Bundesagentur für Arbeit, o.J.).
Abb. 6: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte nach Strukturmerkmalen (Juni 2018)
Die Quote der Leiharbeit hat in letzter Zeit zudem rasant zugenommen. So hat sich die Anzahl der Leiharbeitnehmer in der Krankenpflege seit 2014 (12.000) bis 2018 (22.000) fast verdoppelt. Auch in der Altenpflege ist in den letzten 5 Jahren ein Anstieg von 8.000 auf 12.000 verzeichnet worden. Es scheinen sich immer mehr Pflegekräfte für die Art von Beschäftigung zu entscheiden. Dies könnte an besseren Arbeitskonditionen, mit denen die Leiharbeitsunternehmen werben. Dazu zählen beispielsweise überdurchschnittliche Löhne, Mitspracherecht bei den Arbeitsplänen und bezahlten Überstunden (Bundesagentur für Arbeit, 2019, S. 8).
Arbeitslosigkeit
Die Quote der Arbeitslosigkeit im Bereich der Pflegeberufe ging stetig über den letzten Jahren zurück und verweilt auf einem sehr geringen Niveau. Die Arbeitslosigkeit in der Krankenpflege befand sich 2018 im Durchschnitt sogar nur bei 1,0 Prozent bei den Fachkräften und nur bei den Helfern auch nur 2,8%, obwohl grad die Ausübung der Helfertätigkeiten in der Regel von einer höheren Arbeitslosenquote geprägt ist. Die Arbeitslosigkeit der Altenpflege im Jahr 2018 lag bei 5,1 Prozent. Diese wurde durch die relativ hohe Quote von 9,4 Prozent der Altenpflegehelfer angetrieben. Dagegen lag diese bei den Fachkräften ebenfalls auf dem sehr niedrigen Niveau von 1,0 % (Statistik Arbeitsagentur, 2019).
Zum Vergleich: In Deutschland spricht man bei 3,0 Prozent von einer Vollbeschäftigung. Diese besteht, wenn die Anzahl der offenen Arbeitsplätze höher ist als die Anzahl der Bevölkerung, die auf der Suche nach Arbeit sind (Institut der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH, o.J.). In der Wissenschaft wird hier von einer friktionellen Arbeitslosigkeit ausgegangen. Diese beinhaltet Menschen, die durch den Wechsel der Arbeitsstelle bzw. in der Phase der Stellensuche zwischen der alten Tätigkeit und der neuen Beschäftigung arbeitslos sind. Diese Art der Arbeitslosigkeit ist kurzfristig. Beispiele sind Menschen, die ihren alten Arbeitsplatz verlassen, um zu einem neuen Arbeitgeber mit bessere Arbeitskonditionen wechseln oder Auszubildende bzw. Studenten, die nach ihrem Abschluss eine passende Stelle suchen (bpb, 2016).
Altenpflege
Durchschnittlich waren 30.700 Altenpfleger im Jahr 2018 nicht erwerbstätig, was im Vergleich zum Vorjahr in etwa fünf Prozent weniger waren als im Vorjahr. Der Trend in den letzten Jahren zeigt eine enorme Abnahme auf. So hat sich die Gesamtzahl der Fachkräfte in den letzten 10 Jahren als mehr um die Hälfte reduziert. Diese sind deutlich seltener von Erwerbslosigkeit getroffen als Altenpflegehelfer. Nur einer von zehn waren examinierte Altenpfleger (2.900). Die Gesamtzahl der Spezialisten betrug sogar weniger als 200.
Erwerbslosigkeit ist hier kein fester Zustand, oft verbirgt sich hinter den kleinen Veränderungen des Bestandes deutliche Bewegungen. So meldeten sich 2018 111.000 Arbeitskräfte der Altenpflege arbeitslos, worauf sich im selben Zeitraum wieder 114.000 von der Arbeitslosigkeit abmeldeten. Im Ganzen konnten 7.400 Altenpflegefachkräfte und 24.800 Altenpflegehelfer einen neuen Arbeitsplatz aufnehmen oder eine (außer-)betriebliche Ausbildung beginnen.
Im Durchschnitt sind Altenpfleger ganze 54 Tage kürzer erwerbslos als alle Arbeitslose, wovon die examinierten Pflegekräfte sogar mit 118 tagen sogar nur halb so lang arbeitslos sind als alle anderen Fachkräfte. Auch der Anteil der Langzeitarbeitslosen war sehr gering. Hier war nur jeder Fünfte langzeitarbeitslos. Bei allen Fachkräften die erwerbslos sind liegt der Anteil bei etwa 33%, was jeder Dritte entspricht.
Abb. 7: Arbeitslose Altenpflegekräfte und gemeldete Arbeitsstellen für Altenpflegekräfte Deutschland 2018, Jahresdurchschnitt
Krankenpflege
Im Jahresdurchschnitt 2018 wurden ca. 11.100 Arbeitskräfte der Pflege als arbeitslos gemeldet, was etwas geringer war als im Jahr zuvor. Ähnlich wie in der Altenpflege hat sich die Arbeitslosigkeit der Fachkräfte seit 2008 nahezu halbiert. Selbst die Zahl der Krankenpflegehelfer ist in derselben Zeitspanne um 42 Prozent gesunken. Bei knapp 5.000 Erwerbslosen handelt es sich um examinierte Pflegekräfte (45 Prozent), andere 45 Prozent waren Helfer und die anderen 10 % mit 1.100 Personen waren Spezialisten. Somit ähnelt es in etwa der gleichen Struktur aller Arbeitslosen.
Auch hier versteckt sich hinter den kleinen Bestandsveränderungen bemerkenswerte Bewegungen. So meldeten sich im Jahr 2018 46.400 Krankenpfleger als beschäftigungslos. Im selben Zeitraum meldeten sich 47.700 aus diesem Zustand ab. Ganze 18.600 Menschen, davon 11.100 examinierte Fachkräfte, 5.200 Krankenpflegehelfer als auch 2.200 Experten die Arbeitslosigkeit beenden, indem sie eine neue Stelle angetreten sind oder eine (außer-) betriebliche Ausbildung angefangen haben.
Mit 116 Tagen in der Erwerbslosigkeit waren Krankenpflegefachkräfte deutlich kürzer arbeitslos als die Beschäftigungslosen insgesamt. Auch die Langzeitarbeitslosenquote war deutlich geringer ausgefallen als die aller Arbeitslosen. Nur jeder fünfte aller Krankenpfleger war arbeitslos, wovon sogar nur 15 % aller Fachkräfte langfristig ohne Beschäftigung waren. (Statistik Arbeitsagentur, 2019).
Abb. 8: Arbeitslose Krankenpflegekräfte und gemeldete Arbeitsstellen für Krankenpflegekräfte, Deutschland 2018, Jahresdurchschnitt
Arbeitskräftenachfrage
In der vergangenen Zeit ist die Menge der gemeldeten Stelle im Zuge des stetig wachsenden Personalbedarfs weiter angestiegen. So betrug der Durchschnitt der gemeldeten Stelle in der Altenpflege 23.900 und in der Krankenpflege 15.700 (Abb. 7 und 8). Nach der Dynamik in den Jahren zuvor ist das Wachstum der Nachfrage etwas gesunken. So belief sich die Nachfrage nach Altenpfleger bei durchschnittlich 540 zusätzlich gemeldeten Stellen bzw. 2 Prozent (vorher 13 Prozent) und nach Krankenpfleger mit einem Wachstum von 1000 Stellen bzw. 7 Prozent (vorher +8 Prozent). Die Zunahme des Bedarfs wird weiterhin maßgeblich von der Nachfrage nach qualifizierten Pflegekräfte geprägt.
Die absoluten Stellenzugänge sind im Jahr 2018 abgeschwächt. Die Altenpflege verzeichnete eine Minderung von 11 Prozent auf 50.000 Stellenzugänge. In der Krankenpflege sind diese auf 34.000 zurückgegangen, was eine Abnahme von 5 % entspricht. Der Rückgang der Stellenzugänge hat aber nicht automatisch eine sinkende Nachfrage der Pfleger zu bedeuten. Das kann auch eine Auswirkung des Fachkräftemangels sein, wenn Unternehmen nach erfolgsloser Suche auf die Stellengesuche bei der Arbeitsagentur verzichten. Trotz der zurückgehenden Intensität im vergangenen Jahr ist der Stand auf einem sehr hohen Grad. Das zeigt vor Allem die Betrachtung der letzten 10 Jahren, in der sich die gemeldeten Stellen mehr als verdoppelt haben.
Die Struktur der Nachfrage unterscheidet sich erheblich von der Struktur der Erwerbslosen. Gerade beim Grad der Qualifikation gibt es deutliche Unterschiede. Wie vorher erwähnt ist die Nachfrage ausschlaggebend von der Nachfrage an Fachkräften geprägt. So betragen diese 63 Prozent (15.100) bei der Krankenpflege und ganze 76 Prozent (12.000) bei der Krankenpflege. Im selben Augenblick besitzen aber nur 9 Prozent der Beschäftigungslosen der Alten- und 45 Prozent der Krankenpfleger über eine entsprechende Qualifizierung. Entgegengesetzt ist der Zustand bei den Pflegehelfern. Nur 36 Prozent der gemeldeten Stellen der Altenpflege betrifft Helfer (8.600) und in der Krankenpflege sind es sogar nur 10 Prozent (1.600). Somit übertrifft die Menge der Beschäftigungslosen erkenntlich das Angebot der gemeldeten Arbeitsplätze (Abb. 7 und 8). Außerdem harmonieren Angebot und Nachfrage bezüglich Arbeitszeiten nicht miteinander. 80 Prozent der erwerbslosen Pfleger suchen eine Stelle auf Vollzeit. Im Vergleich dazu stehen jedoch nur in etwa 20 Prozent aller gemeldeten Arbeitsplätze in der Alten- sowie 33 Prozent in der Krankenpflege als Vollzeitstellen zur Verfügung (Bundesagentur für Arbeit, 2019, S. 12).
Arbeitslosenstellerelation
Wie vorher erwähnt harmonisiert Angebot und Nachfragen nicht miteinander, wenn man die Anzahl der Beschäftigungslosen und der gemeldeten Arbeitsstellen nach Qualifizierung heranzieht. Diese Relation kommt auf Abbildung 8 besser zur Geltung.
In der Branche der Altenpflege stehen nur 19 Erwerbslose 100 gemeldeten Stellen zur Verfügung. Aus der Sicht der Pflegeeinrichtungen hat sich diese Situation über die vergangenen Jahre erheblich verschlechtert. So waren es doppelt so viele Arbeitslose die 100 Arbeitsstellen gegenüber. Bei den Helfertätigkeiten dieser Branche zeigt sich eine ganz andere Lage. Hier kommen ganze 322 Erwerbslose auf 100 gemeldete Arbeitsstellen. Im Bereich der Krankenpflege ist die Situation vergleichbar. 41 qualifizierte Krankenpfleger standen 100 gemeldeten Arbeitsstellen zur Verfügung. 2014 lag das Verhältnis noch bei 86 zu 100. Auch hier zeigt sich bei den Helfern das gegensätzliche Bild. 2018 kamen auf 100 Stellen 321 Arbeitslose.
Gründe für das große Ungleichgewicht im Helferbereich könnten vielseitig sein. Zum einem haben mehr als 60 Prozent der arbeitslose Pflegehelfer keine berufliche Ausbildung, was die Suche nach einer passenden Stelle erheblich erschweren kann. Zum andern zeigen potentielle Helfer ohne Beschäftigung des Öfteren eine niedrigere räumliche Mobilität auf. Das kann dazu führen, dass auch das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage auch räumlich nicht zueinanderpasst.
Abb. 9: Arbeitslosen-Stellen-Relation, Arbeitslose je 100 gemeldete Arbeitsstellen
Fachkräftemangel
Um Fachkräfteengpässen frühzeitig festzustellen, analysiert die Bundesagentur in regelmäßig, wie sich unter anderem Angebot und Nachfrage der jeweiligen Berufe entwickeln und welche Folgen diese auf die Fachkräftesicherung haben. Die Ergebnisse dieser Analyse werden alle 6 Monate aktualisiert. Als Operationsbasis wird maßgeblich die Anzahl gemeldeter Arbeitsstellen, die Arbeitslosenquote, die Vakanzzeit als auch das Bewerber-Stellen-Verhältnis herangezogen.
Weitere Zunahme des Fachkräftemangels in der Altenpflege
Die Lage der Fachkräfte in der Altenpflege beruhigte sich auch 2018 nicht. Tatsächlich ist sogar das Gegenteil der Fall. Der Bedarf an Altenpflegefachkräfte und Spezialisten nimmt weiter zu. Wobei die Gruppe der Spezialisten im Vergleich zu der Krankenpflege sehr klein ausfällt.
Fachkräfteengpässe findet ohne Ausnahme in jedem Bundesland der Republik statt. Das bedeutet, dass es rein rechnerisch nicht genügend erwerbslose Bewerber zur Besetzung der gemeldeten Arbeitsstellen bei der Bundesagentur gibt. Diese bleiben nach der Berechnung im Oktober 2018 im Bundesdurchschnitt 183 Tage unbesetzt. Das entspricht 63 Prozent mehr als der Mittelwert der Vakanzzeiten über alle Berufe. Im Vergleich zu vor Jahr hat sich diese weiter zugespitzt und um 12 Tagen weiter angewachsen. Zudem hat sich das Verhältnis der Arbeitslosen zu den Stellen weiterhin verringert.
Bei der Ausübung der Helfertätigkeiten zeigt sich dagegen keine Auswirkungen eines Mangels. Wie in Abb. 9 zu sehen ist gibt es wesentlich mehr Personal als gemeldeten Stellen. Zudem sind die gemeldeten Stellen nur 122 Tage nicht besetzt, was nur 9 Prozent bzw. 10 Tage mehr als dem Bundesdurchschnitt aller Berufe entspricht. Zieht man jedoch nur die Helfer mit einer abgeschlossenen Ausbildung in Betracht, so war die Arbeitslosen-Stellen-Relation nahezu ausgewogen. Mit 113 erwerbslosen Helfer mit Ausbildung auf 100 Helferstellen, lassen sich schon erste Anzeichen eines Engpasses erkennen.
Engpass an Krankenpflegefachkräften und Spezialisten
Der Mangel bei Krankenpflegekräften ist ebenso geprägt von dem Bedarf an qualifizierten Fachkräften sowie Spezialisten. Nicht ganz so dramatisch sieht es nur in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aus. Jedoch lassen sich auch hier schon erste Anzeichen für einen Mangel an qualifizierten Kräften deuten. Die Vakanzzeit der Krankenpflegefachkräften und der Spezialisten betrug im Durchschnitt 154 Tage deutschlandweit. Das sind immerhin noch 36 Prozent mehr als die Statistik aller Berufe aufzeigt. Zudem ist die Arbeitslosen-Stellen-Relation weiter gesunken.
Bei den Krankenpflegehelfer stehen deutlich mehr zur Verfügung als gemeldete Stellen, weshalb sich hier kein Engpass zeigt. Die Zeit der Nichtbesetzung der Arbeitsstellen betrug 2018 121 Tage und liegt damit in etwa 8 Prozent über dem Durchschnitt der gesamten Berufe in Deutschland.
Abb. 10: Fachkräfteengpassanalyse
Marktprognose
In Deutschland ist der demografische Wandel vorrangig durch die ersichtliche Alterung der Gesellschaft gekennzeichnet. Man geht davon aus, dass sich der Altenquotient bis zum Jahr 2060 verdoppeln könnte. Daran würde auch eine wachsende Fertilitätsrate kaum was ändern. Die Alterung der Gesellschaft ist nämlich stark von der „Babyboomer-Generation“ geprägt. Diese Generation beinhaltet die geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1969 (F. Kühn, 2017).
Abb. 11: Anzahl der Pflegebedürftigen und über 80-Jährigen in Deutschland in den Jahren von 2017 bis 2060
Die steigende Anzahl von Hochbetagter Menschen stellt die Gesellschaft vor neuen Herausforderungen. Mit einer alternden Bevölkerung erhöht sich auch der Bedarf an Unterstützung im privaten Umfeld und die Nachfrage nach professionelle Pflegeleistungen. Damit nimmt aber auch die Anzahl der qualifizierten Pflegekräften ab, die zur Verfügung stehen. Schon heute wird die Hälfte aller Männer irgendwann im Leben pflegebedürftig. Bei den Frauen sind es sogar 3 von 4.
Zusätzlich zur Alterung gibt es weitere treibende Faktoren, die die zu erwartende Versorgungslücke beeinflussen und verstärken kann. Dazu zählen beispielsweise der wachsende Anteil von Einpersonenhaushalten (BIB, 2018) oder die stetig ansteigende Erwerbstätigkeit von Frauen (Statistisches Bundesamt, 2018, S.7), was die Möglichkeit für Pflege von Angehörigen reduziert und somit den steigenden Bedarf an professioneller Pflege fördert. Weitere Faktoren sind frei Verfügbare Kapazitäten in Pflegeheimen, das familiale Pflegepotential allgemein sowie die stetige Zunahme chronischer und gravierender Krankheiten wie Demenz oder Osteoporose. Allein die Anzahl von Demenzfällen soll sich bis 2050 um etwa 1,1 Millionen Personen erhöhen. (F. Beske, 2010, S.21-23). Zwar soll sich die Gesundheit der Menschen als Folge des technischen Fortschritts verbessern und die Menschen sich in Zukunft besser ernähren, jedoch dürfte das das weiteranhaltende Wachstum der Nachfrage nach Pflege und Betreuung kaum beeinträchtigen. Außerdem ist herauszufinden wie sich die zukünftige Erwerbsquoten entwickeln und diese die Versorgungssituation zudem verschärfen wird. Ein Großteil der Bevölkerung wünscht sich in den eigenen vier Wänden gepflegt zu werden (K.
Zok, 2011), aber mit dem anhaltenden Trend der steigenden Erwerbsquoten der Angehörigen, schwinden die Chancen. (Bertelsmann Stiftung, 2012, S.2-3).
Laut Studien der Bertelsmann-Stiftung und Prognosen des Statistischen Bundesamtes deuten Trends auf eine Verschärfung der Situation, wonach bis 2050 die Zahl der Pflegebedürftigen auf 4,7 Millionen ansteigen und im Jahr 2030 bis zu 200.000 fehlende Vollzeitstellen an Fachpersonal der Pflege zu erwarten sind (H. Bonin, G. Braeseke, A. Gansere, 2015, S.5). In anderen Berechnungen sollen es sogar bis zu 500.000 Stellen sein (Bertelsmann Stiftung, 2012, S.1).
Eine Simulation des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, die aufzeigt wie sich die Situation der Pflege bis zum Jahr 2035 entwickeln könnte, deutet auf ähnliche Ergebnisse hin. Bei gleichbleibendem Gesundheitsstand werden über 4 Millionen Menschen in Deutschland Pflegefälle sein. Auch bei dem Alternativszenario, wonach der Pflegebedarf sich mit höherer Lebenserwartung auf ein höheres Lebensalter verschiebt müsste mit ca. 3,9 Millionen Pflegebedürftige zu rechnen sein. Ebenso soll der Bedarf an zusätzlichen Pflegefachkräften ansteigen. Die Menge soll sich auf knapp 130.000 bis 150.000 belaufen. Auch wenn sich die Zahl der Pflegekräfte und Auszubildenden in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, wird der Bestand des Personals keinesfalls ausreichen. (G. Waschinski, 2018).
Diese Studien berücksichtigen jedoch die Änderungen nicht, die mit der Pflegereform 2017 eingetreten sind. Als pflegebedürftig zählten vorher nur Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Seit der Reform gelten beispielsweise Menschen mit Demenzerscheinungen, die vorher nur eine eingeschränkte Alltagskompetenz attestiert bekommen haben. Somit wird es zukünftig in Deutschland noch mehr Menschen geben, die pflegebedürftig sind, was die Personalsituation zumindest zahlentechnisch weiter zuspitzt (C. Frey, 2017).
Lösungsansätze zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Pflege
Im Juli 2018 haben das Bundesgesundheits-, das Bundesfamilien- und das Bundesarbeitsministerium die Konzertierte Aktion Pflege gegründet. Hauptziel dieses Projektes ist den Arbeitsalltag von Pflegekräften bemerkbar zu verbessern, zu erleichtern und die Ausbildung zu kräftigen. Dafür wurden mithilfe der Länder und wichtiger Akteure fünf Arbeitsgruppen gebildet, um konkrete Maßnahmen zu bestimmen. Zu den Arbeitsgruppen zählen Ausbildung und Qualifizierung (I.), Personalmanagement, Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung (II.), Innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung (III.), Pflegekräfte aus dem Ausland (IV.) und Entlohnungsbedingungen in der Pflege (V.). Am 04.06. wurden die vereinbarten Ziele und exakten Maßnahmen der Öffentlichkeit vorgestellt.
Bessere Entlohnung
Das Personal soll mehr Geld bekommen. Bisher war das Einkommen der sehr unterschiedlich und oft zu gering. Deshalb wurde sich darauf geeinigt, vor Allem Altenpfleger besser zu vergüten, unterschiedliche Mindestlöhne je nach Qualifikation aufzubauen und dabei die Unterscheidung zwischen Ost-West abzuschaffen. Zur Umsetzung werden zwei Maßnahmen in Betracht gezogen: So sollen die Ziele durch die Bestimmung von Mindestlöhnen oder über die Einführung von flächendeckenden Tarifverträgen erreicht werden. Die hierfür benötigten gesetzliche Änderungen werden von dem Bundesministerium für Gesundheit und das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales baldmöglichst in die Wege geleitet werden. Man ist sich auch darüber einig gewesen, dass eine verbesserte Finanzausstattung der Pflegeversicherung nötig ist. Dabei sollen die Pflegebedürftigen keineswegs mit der Erhöhung der Eigenanteile belastet werden.
Gestaltung neuer Aufgaben- und Verantwortungsbereiche
Pflegekräfte sollen ähnlich wie anderen Ländern mehr Entscheidungsbefugnisse erhalten. Dazu sollen ihre Kompetenzen ausgeweitet werden und neue Standards in Kooperation mit anderen Gesundheitsberufen wie Ärzten erarbeitet werden. Dieser Prozess wird noch in diesem Jahr von dem Bundesministerium für Gesundheit begonnen.
Ausbildung stärken
In der Ausbildungsoffensive Pflege (2019-2023) wurde entschlossen, die Anzahl der Auszubildenden deutschlandweit im Durchschnitt um 10 Prozent bis 2023 zu erhöhen. Dafür soll intensiv mit Informations- und Öffentlichkeitskampagnen für die Ausbildungen der Pflege geworben werden, um diese bekannt zu machen und insbesondere die Wertschätzung in der Gesellschaft erhöhen. Zudem wird beabsichtigt mindestens 5.000 Weiterbildungsplätze, damit weiteren Pflegehelfern die Weiterbildungsmöglichkeit zu examinierten Fachkräften geboten werden kann. Desweitern sollen die Pflegeschulen in dem „Digitalpakt Schule“ miteingeschlossen werden, um die Schüler auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorzubereiten.
Digitale Unterstützung
Ziel ist es anhand von digitaler Prozesse Pflegekräfte zu entlasten, damit sie mehr Zeit in die Pflege selbst investieren können. Der Informationsaustausch soll mittelfristig komplett über die elektronische Datenverarbeitung laufen, wofür die Pflegeeinrichtungen an das sichere Datennetz des Gesundheitssystem integriert werden sollen. Beispiele dafür sind elektronische Pflegeakten oder Verordnungen. Ab dem 01.10.2022 sollen zudem alle ambulanten Dienstleistungen nur noch rein elektronisch mit den Kassen abrechnen. Am dem 01.04.2023 soll diese Umsetzung für die häuslichen Krankenpflege stattfinden. Außerdem sollen vermehrt Systeme zum Einsatz kommen, die Kontrollen oder Routineaufgaben sowie logistische Tätigkeiten vereinfachen. Dazu zählen robotische Systeme zur Mobilisierung und Transport von Patienten, intelligente Pflegewägen oder Aufstehmelder und Sturzerkennungen. Auch das Projekt Telepflege soll zügig weiterentwickelt werden, mit denen Angehörige für Konsultationen und Diagnostik trotz räumlicher Trennung via Bilder, Tönen und Daten unterstützt werden können. Pflegekräfte müssen aktiv bei der Einführung technischer System einbezogen werden, um die Akzeptanz und die alltäglichen Vorteile zu begünstigen.
Personalgewinnung
Um die Pflege wieder attraktiv zu gestalten, muss genügend Personal zu Verfügung stehen. Denn nur so können die Pflegekräfte entlastet werden sowie gesunderhaltendes und transparentes Arbeitsklima geschaffen werden. Das wiederrum ermöglicht mehr Zeit für die Patienten und eine adäquate Betreuung.
Hierfür sollen verbindlichere Regelungen für die Personalokkupation in den Pflegeeinrichtungen eingeführt werden. In den Pflegeheimen ist bis Mitte 2020 ein Personalbemessungsverfahren zu erarbeiten und zu prüfen. Bis zum 31.12.2019 soll so ein
Konzept für Krankenhäuser von wichtigen Akteuren (z.B. Krankenkassen, Krankenhausgesellschaft oder Deutsche Pflegerat) entwickelt und vorgeschlagen werden.
Es wird zudem geplant die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dafür werden die Pflegeeinrichtungen verpflichtet einen hohen Arbeitsschutzstandard, mehr Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit sowie verlässliche Dienstpläne durchzusetzen. Außerdem sollen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten von Führungskräften gewährleistet werden und ein besseres Gleichgewicht zwischen Familie, Pflege und Beruf ermöglicht werden.
Um zusätzliches Personal zu gewinnen plant die Regierung die Gewinnung von Pflegefachkräften aus dem Ausland zu erleichtern. Zu den geplanten Maßnahmen zählen der Aufbau einer Zentralen Servicestelle für Berufsanerkennung, die Prüfung über Möglichkeiten für Sprach- und Fachausbildung in den Herkunftsländern als auch die Verbesserung der Bedingungen für Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für ausländische Auszubildende. Zudem sollen Gütesiegel für Private Arbeitskräftevermittler ausgearbeitet werden (BMG, 2019). Die Teilnahme an diesem Verfahren ist freiwillig und soll als Instrument für Servicequalität, Seriosität, Transparenz und Verlässlichkeit dienen. Insgesamt sollen die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit der Erteilung von Visa effizienter, transparenter als auch zukunftsorientiert ausgerichtet werden und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz weiter ausgearbeitet und gelockert werden, um weitere Hürden abzubauen (Bundesregierung, 2019).