Seit dem Jahr 2013 wandern spanische Pflegekräfte verstärkt ins Ausland ab. Ein Trend, der auch im Jahr 2015 anhält und sich fortsetzen dürfte, wenn die Sparmaßnahmen des spanischen Staates anhalten. SATSE, die spanische Gewerkschaft der Krankenpfleger, befürchtet, dass in weniger als fünf Jahren jeder dritte spanische Krankenpfleger erwerbslos sei. Spanien, so die Analyse, sei schon jetzt das Schlusslicht innerhalb der europäischen Union, was die Dichte von Krankenpflegern pro 1.000 Einwohner anbelangt.
Im Jahr 2013 habe die Erwerbslosigkeit mit fast 20.000 Krankenpflegern ohne Beschäftigung ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Im Jahr 2015 bleibe die Anzahl der erwerbslosen Krankenpfleger auf einem stabilen hohen Niveau; damit sei die Quote in den letzten Jahren um 400% gestiegen. Für die nächsten fünf Jahre prognostiziert die Gewerkschaft eine weitere Steigerung von nahezu 30%, was im Jahr 2018 bis zu 75.000 Pflegekräfte betreffen dürfte. Jährlich verlassen mehr als 11.000 Absolventen der spanischen Pflegewissenschaften die medizinischen Fakultäten.
Jedoch finden Berufseinsteiger auf dem spanischen Arbeitsmarkt kaum eine Beschäftigung und wenn, dann handelt es sich häufig um prekäre Beschäftigungsverhältnisse mit kurzen bis sehr kurzen Beschäftigungsphasen. Im Jahr 2013 bewerben sich bei den staatlichen Auswahlverfahren allein in Valencia 16.000 Pflegekräfte auf 500 offene Stellen. Die Auswahlwahrscheinlichkeit liegt bei 3,1%. Der Rest bleibt in der Erwerbslosigkeit. Die spanische Gewerkschaft geht von bis zu 74.000 erwerbslosen Pflegefachkräften im Jahr 2018 aus.
Beschäftigungsquote von spanischen Pflegekräften im EU-Vergleich
Zurzeit ist Spanien nicht nur das Land, in dem die Anzahl an Pflegekräften pro 1.000 Einwohner am geringsten ist, sondern auch das Land, in dem sich dieser Trend noch verschärfen wird.
Während es im Jahr 2010 noch 5,5 Pflegekräfte pro 1.000 Einwohner sind, schrumpft deren Anzahl im Jahr 2012 auf 5,3, Tendenz fallend. Der europäische Durchschnitt liegt bei 9 Krankenpflegern pro 1.000 Einwohner. In der Schweiz liegt der Anteil an Krankenpflegern bei 8. Während in der Schweiz der Personalschlüssel bei acht Patienten pro Pflegefachkraft liegt, muss eine spanische Pflegefachkraft 14 Patienten versorgen und in krankheitsbedingten Notsituationen bis zu 18 Patienten, womit eine spanische Pflegefachkraft mehr als doppelt so viele Patienten versorgen muss wie in der Schweiz. Damit ist Spanien neben Polen das Schlusslicht in der EU. Dies sei eine direkte Folge der Sparmaßnahmen.
Denn neben der Einführung von Fallpauschalen müssen Krankenhäuser, so SATSE, sich zunehmend nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip ausrichten, was eine massive Entlassungspolitik zur Folge hat. Ähnlich wie in Deutschland werden bis zu 80% der Kosten in Krankenhäusern durch das Personal verursacht. Diese Quote möchte die spanische Gesundheitsverwaltung durch weniger Neueinstellung absenken bei gleichzeitiger Kostendeckelung bei Neuanschaffungen von Medizinalgeräten und Diagnoseverfahren.
Die Zukunft liegt in Deutschland und der Schweiz
Solange die Quote von 80% für Personalausgaben nicht deutlich gesenkt wird, halten die Kürzungen im spanischen Gesundheitssektor an.
Daher schlägt die spanische Gewerkschaft einen Beschäftigungspakt für die Pflegefachkräfte vor, der nicht nur eine Erhöhung der Beschäftigtenzahl vorsieht, sondern auch eine allgemeine Verbesserung von Arbeitsbedingungen, die eine Anhebung der Bezahlung und eine Absenkung der Arbeitszeit vorsieht. Dieser Vorschlag stößt im spanischen Gesundheitsministerium auf wenig Zustimmung. Die spanische Regierung ist fest entschlossen, die Ausgaben im Gesundheitswesen weiter zu senken, was eine weitere Absenkung der Beschäftigungszahl bedeutet dürfte. Wenn man auf der einen Seite Pflegekräfte einspart, muss dies durch die Erhöhung der Arbeitsbelastung ausgeglichen werden.
Die Gewerkschaftsvertreter sehen hier eine Entwicklung voraus, wie man sie aus Deutschland, der Schweiz und England bereits kennt. Und wenn sich die Berechnungen der spanischen Gewerkschaftsvertreter bewahrheiten, dürfte der Trend anhalten, in eben diese Länder auszuwandern. Der massive Überhang an Pflegekräften wird in Deutschland, England und der Schweiz gebraucht. Die Vermittlung von Pflegekräften aus Südeuropa Richtung Norden hält so lange an, wie es einen Überhang in Spanien gibt