Berlin, 29.03.2023: In der Serie „Arbeitsmarkt in der Pflege“ veröffentlicht der deutsch-spanische Personaldienstleister TTA den letzten Teil der „Machbarkeitsstudie – Vermittlung und Integration kolumbianischer Pflegefachkräfte“ von Jhonny-Felipe Cerezo-Parra.
1.2.1 BranchenübergreifendeFakten
Kolumbien ist das viertgrößte Land Südamerikas und ist als wirtschaftlich sowie gesellschaftliches aufstrebendes Land bekannt. Gerade der starke Anstieg zwischen 2010 und 2015 sorgte dafür, dass der Lebensstandard und die Kaufkraft der Bevölkerung stetig anstiegen. Dem Erdölpreis verschuldet legte die Wirtschaft 2016 bis 2017 eine kleine Pause ein. So betrug der das Wachstum in diesem Jahr nur 1,4 %, was der niedrigste Wert seit 2009 war. 2018 stieg dieser wieder im Vergleich zum Vorjahr um 2,7 % an und erreichte einen BIP von 333,1 Milliarden USD. Die letzten veröffentlichten Gesundheitsausgaben betrugen 2015 6,2% von 293,5 Milliarden US Dollar. Die Währung in der spanischsprechenden Republik ist der kolumbianische Peso (COP), wonach der durchschnittliche Wechselkurs 2018 bei 3.488,85 COP je Euro lag.
Im Vergleich zu Deutschland entwickelt sich der der Demografische Wandel immer noch positiv. So wuchs die Bevölkerung seit 2005 um knapp 7 Millionen Einwohner auf 49.834.00 Einwohner. Die Fertilitätsrate ist zwar etwas gesunken, hält sich aber seit ein paar Jahren laut Statistiken vom Jahr 2018 auf 2,0 Kinder je Frau (IMF – WEO, 2019, Weltbank, IMF – IFS, 2018). In Deutschland ist diese über den letzten Jahren etwas angestiegen, betrug aber im Jahr 2017 aber trotzdem nur 1,57 (destatis, 2018). Der Anstieg ist laut Statistikern maßgeblich der Immigration zu verdanken, aber zum Teil auch der starken Wirtschaft (Orange, 2018).
Schon seit geraumer Zeit pflegt Deutschland ein freundschaftliches und enges Verhältnis zu Kolumbien, welches zusätzlich zu der wirtschaftlichen Kooperation auf Wissensaustausch sowie auf kulturelle – und entwicklungspolitische Kooperationen basiert. In Sachen Berufsausbildung arbeiten der kolumbianischen Berufsbildungsdienst Servicio Nacional de Aprendizaje (SENA) und das deutsche Bundesinstitut (BIBB) zusammen, um eine nationale Forschungsabteilung für Berufsbildung aufzubauen (iMove, 2015).
Seit 2012 ist der Arbeitsmarkt relativ stabil. Seitdem hat sie sich zwischen 8 Prozent und 10 Prozent eingependelt. 2018 lag die Arbeitslosigkeit bei 9,7 Prozent. Im April 2019 ist diese leicht auf 10,3 % angestiegen (Trading Economics, 2019). Davon waren 14 Prozent der Frauen und 8,7 Prozent der Männer arbeitslos. Die jungen Frauen zwischen 14 und 28 Jahren machten 48 Prozent von allen erwerbslosen Frauen aus. Die jungen erwerbslosen Männer im selben Alter repräsentierten 46,4 Prozent aller Männer ohne Arbeit (Dane, 2019).
1.2.2 Pflegebranche
Auch in Kolumbien ist die Ausübung eines Pflegeberufes von sozialem Charakter. Gemäß kolumbianischem Gesetz zielt dieser Beruf darauf ab die Gesundheit zu fördern und wiederherzustellen, Krankheiten vorzubeugen, Schmerzen zu lindern und zu einem menschenwürdigen Leben beizutragen.
In Kolumbien werden Pfleger sehr gut ausgebildet und sind medizinisch ausgezeichnet, da sie bis zu 5 Jahren an einer Universität Pflegewissenschaft studieren (S. Helmbrecht, 2019). Kolumbienweit kann man diesen Studiengang an 54 Universitäten und Instituten studieren. 3404 Absolventen schlossen ihr Abschluss 2013 ab. 93,1 Prozent von ihnen konnten 2014 Anschluss im Arbeitsmarkt finden (o.V., 2016). Das Durchschnittsgehalt der Absolventen lag bei 1.998.612 COP, was in ca. 571 Euro entspricht. Eine examinierte Pflegekraft mit 2-3 Jahren Erfahrung verdient bis zu 2.945.000 COP brutto (= 841 Euro) (elempleo, 2019).
1993 lag die Anzahl von Ärzten und Pflegern bei 13,7 pro 10.000 Einwohner. So hat sich aktuell die Anzahl auf 30,6 erhöht und ist somit seitdem um den Multiplikator von 2,2 erhöht. Mit 19 Ärzten und 12 Pflegern ist die Anzahl höher als die die von der WHO empfohlene Menge. Regional zeigen sich jedoch erhebliche Unterschiede, wonach in Bogota 65 Arbeitskräfte der Gesundheit auf 10.000 Einwohner kommen und in Chocó, Vichada y Vaupés um die 6 (Opinión&Salud, 2019).
Der Arbeitsmarkt ist gut, aber es herrscht großer Wettbewerb und die Stellen sind nicht gut bezahlt, auch wenn im Vergleich zu anderen Branchen der Verdienst relativ gut ist. Ähnlich wie in Deutschland sind Arbeitsbedingungen unzufriedenstellend, wenn nicht noch schlechter. So wurde in einer Umfrage 8.000 Fachkräfte des Gesundheitswesens befragt, ob sie schon Probleme in Bezug auf Änderungen der Arbeitsbedingungen, Einschränkung der Tätigkeiten und Verlust des Arbeitsplatzes hatten. 70 Prozent der Befragten gaben an unzufrieden mit der Bezahlung zu sein und 75 % in ihrer Karriere schon Erfahrung mit Zahlungsverzug des Gehaltes gemacht zu haben. Laut der kolumbianischen Pflegekammer gehören die Pflegeinrichtungen zu den verschuldeten Instituten des Gesundheitswesens. Außerdem gaben 31% der Pflegekräften an ihren Arbeitsplatz schonmal verloren zu haben (elempleo, 2019). Andere Umfragen berichten ähnliches. So sollen Angestellte mit zu viel Arbeit überfordert werden, keine Sozialversicherungsbeträge bezahlt bekommen haben und schon Erfahrungen mit Aggressionen seitens Patienten gemacht haben (H. Tamayo Ortiz, 2017).
Es wird eine berufliche Entwicklung gefordert, die eine soziale Sicherheit, Erholung und Weiterbildung einschließt, damit das Wissen stetig aktualisiert wird. Das ermöglicht den Fachkräften neben einem stabilen Arbeitsplatz und ein würdiges Privatleben zu führen (elempleo, 2019).